Geschichte der Corps

Die Corps entstanden als selbst verwaltete Zusammenschlüsse von Studenten um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Sie übernahmen teilweise alte studentische Traditionen und fügten neue Entwicklungen hinzu. Wie die alten Landsmannschaften der Studenten des 18. Jahrhunderts gaben sich die Corps lateinische Namen nach den Herkunftsregionen ihrer Mitglieder (Borussia, Bavaria, Saxonia, Guestphalia etc.) und übernahmen verschiedene Symbole und Geheimzeichen („Zirkel“) von den studentischen Orden.

Wenige Jahre nach Gründung der ersten Corps gab es schon Versuche, die Corps abzuschaffen oder zu reformieren. Aus diesen Bewegungen entstanden viele andere Formen von Studentenverbindungen, so auch die Burschenschaften.



Corps bei der Mensur

Zeit der Verfolgung

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Corps so wie auch die anderen Studentenverbindungen weitgehend verboten, weil die Behörden selbst verwaltete studentische Organisationen nicht duldeten. Diese Zeit war geprägt von Verboten, Untersuchungen und Bestrafungen. Die Corps mussten heimlich existieren, sich öfter auflösen und wieder neu gründen. Dabei wurden oft Namen und Erkennungszeichen gewechselt, was die studentengeschichtliche Forschung bis heute erschwert.

Trotz der Unterdrückungsmaßnahmen entwickelten die Corps in dieser Zeit all die Merkmale, die heute als typisch für eine Studentenverbindung angesehen werden, wie das Tragen der Farben in Band und Mütze, das akademische Fechten in Form der Mensur und die so genannte „Kneipe“ als speziell studentische Abendveranstaltung.

Lediglich im Bereich der Habsburger-Monarchie, vornehmlich in Österreich und Böhmen, waren die Unterdrückungsmaßnahmen so gründlich, dass sich das studentische Verbindungswesen erst später (nach 1848) entwickeln konnte.

Nach den Revolutionen von 1848/49 begann eine neue Zeit für die Studentenverbindungen in Deutschland. Die neuen Freiheiten bedeuteten das Ende der Heimlichkeiten. Die studentische Kultur konnte sich offen entfalten und auch die ehemaligen Studenten konnten sich zu ihren Corps bekennen, was schließlich zur Gründung von Altherrenvereinen führte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden zahlreiche neue Formen von Studentenverbindungen, ja sogar Schülerverbindungen. In den Habsburger Gebieten (Wien, Innsbruck, Graz, Leoben, Prag, Brünn) setzte diese Phase ab etwa 1859 ein.



Aufstellung der Chargierten für einen Festumzug (1909)
Foto: Archiv des Corps Rhenania Heidelberg

Höchstes Ansehen in der Kaiserzeit

In der Kaiserzeit genossen die Studentenverbindungen in Deutschland, allen voran die Corps, höchstes Ansehen. Typisch war, dass die beiden bedeutendsten Persönlichkeiten des Kaiserreichs, Reichskanzler Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm II. während ihrer Studienzeit Corps beigetreten waren. Mittlerweile war es auch in vielen deutschen Herrscherhäusern üblich geworden, dass die Söhne der regierenden Dynastien Universitäten besuchten und sich dort den als besonders vornehm geltenden Corps anschlossen.

In dieser Zeit entstanden auch die meisten der prächtigen Corpshäuser, die als Villen des Historismus oder Jugendstils den erwachten Repräsentationsbedürfnissen der Corps entsprachen.

Nach dem Ersten Weltkrieg und zu Beginn der Weimarer Republik herrschten politisch unruhige und wirtschaftlich schwere Zeiten. Die stark an der Kaiserzeit orientierten Corps hatten damals einen Zulauf wie nie zuvor, obwohl sie gesellschaftspolitisch umstritten waren. In der Literatur und in den Medien wurden sie damals vehement kritisiert, was bis heute das Bild der Corps und anderer Studentenverbindungen in der Öffentlichkeit prägt.

Konfrontation mit dem Nationalsozialismus

Ab 1926 gewann der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) an den Hochschulen an Bedeutung. Die revolutionäre Ideologie der Nationalsozialisten war mit der traditionsorientierten Kultur der Corps nicht vereinbar. Dies wurde besonders nach der Machtergreifung 1933 deutlich, als die Nationalsozialisten begannen, die Hochschulen und die Studentenschaft gleichzuschalten. Die demokratischen Strukturen, die speziell akademische Kultur mit ihren Traditionen und der individuelle Ehrbegriff der Corps widersprachen der nationalsozialistischen Ideologie von Führerprinzip, Gleichschaltung und Kadavergehorsam.

Spätestens 1935 mussten die Corps ihren Betrieb einstellen. Einigen Corps gelang es, im Untergrund trotz Strafandrohung heimlich weiterzuexistieren. Einige Corpsstudenten beteiligten sich am Widerstand gegen den Nationalsozialismus und mehrere wurden als Beteiligte am Attentat vom 20. Juli 1944 hingerichtet.



Festakt in der Würzburger Residenz
Foto: Kösener Archiv

Neuanfang nach dem Kriege

Nachdem die ersten Wirren der Nachkriegszeit überwunden waren, begannen auch die Corps in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland und in der Republik Österreich, sich wieder zu organisieren und einen aktiven Betrieb aufzunehmen. Die Corps an den Universitäten in den besetzten Ostgebieten und in der DDR verlegten sich in den Westen.

Die Position der Corps war in der Öffentlichkeit und an den Universitäten zunächst umstritten. Juristische Fragen um das Tragen von Farben und das Fechten von Mensuren wurden in Deutschland sogar vor Gericht ausgetragen. Viele Corpsstudenten spielten in den 1950er und 1960er Jahren eine bedeutende Rolle in der Hochschulpolitik, einige Corps stellten an ihrer Uni den AStA-Vorsitzenden.


Schwierig wurde für die Corps die Zeit der 68er-Bewegung. Alte Traditionen wurden grundsätzlich in Frage gestellt. Die Studentenschaft machte einen generellen Schwenk nach links und radikalisierte sich auf breiter Ebene. Die Corps machten diese Bewegung nicht mit und hatten in den Folgejahren erhebliche Nachwuchsprobleme.

Gleichzeitig stiegen die Studentenzahlen in bis dahin nicht gekannte Dimensionen, die Universitäten vergrößerten sich um ein Vielfaches. Die Corps konnten dieses Wachstum für sich nicht nutzen, da ein Freundschaftsbund nicht beliebig zu vergrößern ist, sondern überschaubar bleiben muss. Dies hatte zur Folge, dass der prozentuale Anteil der Corpsstudenten an der Gesamtzahl der Studierenden deutlich abnahm.

Trotzdem erreichten Corpsstudenten auch in der Bundesrepublik bedeutende Positionen, zum Beispiel als Bundesminister, als Ministerpräsidenten verschiedener Länder oder Vorstandsvorsitzende bedeutender Großunternehmen.

Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung verlegten sich die meisten Corps wieder an ihre früheren Standorte in den neuen Bundesländern.

Heute gibt es eine Vielzahl von studentischen Zusammenschlüssen und ein kaum überschaubares Angebot an Aktivitäten für alle Studenten einer Universität oder Hochschule. Das Angebot der Corps ist nicht mehr für jeden auf den ersten Blick sichtbar. Es lohnt sich aber, genau hinzuschauen.

Karte mit Hochschulorten Corps vor Ort AHSC vor Ort